Blutbilder und ihre Aussagekraft
- Pferklaert

- 5. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Okt.
Blutbilder beim Pferd – wie aussagekräftig sind sie wirklich? 🩸
Viele Pferdebesitzer verlassen sich bei Fragen zur Gesundheit oder Fütterung auf ein Blutbild. Klingt logisch – schließlich zeigt das Blut doch, wie gut das Pferd versorgt ist… oder? Ganz so einfach ist es leider nicht.
🔍 Was Blutbilder leisten können – und was nicht
• Blutbilder geben Hinweise auf den aktuellen Stoffwechselzustand und mögliche Organbelastungen (z. B. Leber, Niere, Muskeln)
• Sie sind wichtig bei unklaren Symptomen (z. B. Leistungsschwäche, Abmagerung, chronische Infekte)
• Aber: Sie sind kein zuverlässiger Spiegel der Mineralstoff- oder Vitaminversorgung! Viele Nährstoffe reguliert der Körper streng – Mängel zeigen sich im Blut oft erst spät oder gar nicht
⚠️ Störfaktoren, die Ergebnisse verfälschen können
• Stress (vor oder während der Blutabnahme)
• Fütterungsfehler: Vor einer Blutabnahme müssen Pferde Heu und Wasser zur Verfügung haben, aber kein Kraft- oder Mineralfutter, besonders keines mit synthetischen Zusätzen.
👉 Empfehlenswert ist, ca. 7 Tage vor der Blutentnahme auf synthetische Mineralien zu verzichten, um ein unverzerrtes Bild zu bekommen.
• Bewegung: Unmittelbar vor der Blutabnahme sollte das Pferd keinerlei Anstrengung gehabt haben – weder Training noch wildes Rennen auf der Weide.
• Handhabung & Lagerung: falsche Abnahme, Kühlung, verzögerter Transport und Ankunft im Labor, usw.
⚠️Falsches Blutmaterial?!
Für Blutbilder werden nicht immer dieselben Probenarten genutzt. Welche Proben abgenommen werden, hängt stark davon ab, welche Werte untersucht werden sollen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Typen:
• Serum: Blut ohne Gerinnungsfaktoren. Wird für die meisten Routineparameter (z. B. Leber- und Nierenwerte, Spurenelemente) eingesetzt
• Vollblut: Enthält noch alle Zellen. Wichtig für die Bestimmung des Blutbildes (rote und weiße Blutkörperchen, Thrombozyten)
• EDTA-Blut: Mit Gerinnungshemmer EDTA. Geeignet für Hämatologie, also die Zählung und Differenzierung von Blutzellen
• Plasma (z. B. Heparinplasma): Blut mit Gerinnungshemmern, wird häufig für spezielle Analysen genutzt.
• NaF-Blut (Natriumfluorid-Plasma): Enthält einen Zusatz, der den Abbau von Glukose verhindert.
Gerade das Beispiel Glukose zeigt, wie entscheidend die Wahl des richtigen Materials ist: Wird das Blut nicht in ein NaF-Röhrchen abgenommen, beginnen die Blutzellen sofort damit, den Zucker zu verstoffwechseln. Innerhalb kurzer Zeit kann der Glukosewert dadurch deutlich absinken und es entsteht ein falsches Bild. Nur NaF-Blut liefert hier verlässliche Ergebnisse.
Das bedeutet: Nicht jeder Laborwert kann aus jedem Bluttyp zuverlässig bestimmt werden. Schon an dieser Stelle entstehen oft Fehlerquellen, die ein Blutbild in seiner Aussagekraft massiv einschränken können.
📊 Referenzbereiche sind nicht absolut
Wusstest du, dass Labore ihre Referenzbereiche teilweise anpassen? Das heißt: Werte, die eigentlich auffällig wären, rutschen dadurch in den „Normalbereich“, wenn Auffälligkeiten in der Population häufig vorkommen. Klingt verrückt – ist aber Realität.
🧩 Ein Blutwert ist kein Urteil
• Ein einzelner verschobener Wert = kein Grund zur Panik
• Erst Muster und Kombinationen mehrerer auffälliger Werte geben Hinweise
• Aber selbst dann bleibt es oft bei einem Verdacht, der durch weitere Untersuchungen bestätigt werden muss
🔬 Ich habe rund 150 Blutbilder aus meiner Datenbank verglichen und gezielt Werte aus verschiedenen Kategorien (z. B. AST, LDH, CK; Kreatinin, Magnesium, Zink, Selen), Laboren und Jahren ausgewertet. Ergebnis:
➡️ Die Referenzbereiche schwankten deutlich je nach Labor und zum Teil auch je nach Jahr
➡️ Auffälligkeiten verschwanden plötzlich im „Normalbereich“, sobald das Labor seine Grenzwerte verschoben hatte
➡️ Ohne den Blick auf das gesamte Pferd und weitere Diagnostik wären viele wichtige Hinweise übersehen worden
Abbildung 4 zeigt dir die Schwankungen grafisch dargestellt. Die grünen Blöcke zeigen den Referenzbereich, mit dem ich Blutbilder interpretiere, und die schwarzen Linien die Amplitude der Labore. Magnesium hat dabei die geringsten Schwankungen. Und gerade bei einem Wert, wie Selen, liegen einige Referenzwerte bei dem 10-fachen, was bei einem so toxischen Spurenelement zu echten Problemen führen kann. (Funfact: dem Pferd, dessen Blutbild das ist, wurde mit einem Wert von 356 Mikrogramm pro Liter ein Selenmangel diagnostiziert, wo bei den meisten Laboren schon eine armierende Überversorgung bis Vergiftung stehen würde.)
Ein Blutbild ist wertvoll, aber nur ein Puzzleteil. Es ersetzt weder eine gründliche Anamnese noch den geschulten Blick auf Haltung, Fütterung und Training.
💬 Mich interessiert: Lässt du von deinem Pferd regelmäßig Blutbilder machen und wie viel Aussagekraft misst du ihnen bei? Hast du auch schon mal dein Futter aufgrund des Blutbildes geändert?
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